Geschichte
1924 lieferte die SLM (Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur) fünf Lokomotiven (Nr. 701-705 Fabrik Nr. 2937 – 2941) an die damalige Bahngesellschaft Compagnie Génerale de Colonies Paris nach Indochina, dem heutigen Vietnam. Dort waren die Maschinen auf der Strecke Song Pha (früher Krong Pha) – Da Lat bis 1975 im Einsatz.
Im Rahmen der Reaktivierung der Furka-Bergstrecke wurden 1990, neben 4 HG 3/4, auch die beiden HG 4/4 Nr. 704 und Nr. 708, in einer beispiellosen Aktion «Back to Switzerland» durch die DFB in die Schweiz zurückgeführt. Im Gegensatz zu allen anderen Lokomotiven der DFB waren die HG 4/4 nie in der Schweiz im Einsatz. Für den Betrieb dieser Lokomotiven auf dem Netz der DFB ist eine Erstzulassung erforderlich was die Erstellung von umfangreichen Berechnungen und Sicherheits-Nachweisen zur Folge hat.
In der Zeit von 2006 bis 2018 wurde die Lok in den DFB-Dampflok-Werkstätten in Uzwil von Fachspezialisten in den DFB-Werkstätten (zuerst in Chur, dann in Uzwil) in 48’000 Stunden freiwilligen Arbeitsstunden wieder originalgetreu revidiert und aufgebaut.
Anlässlich der Tage der offenen Tür vom 16. und 17. Juni 2018 präsentiert sich die Lok in ihrer ursprünglichen und in (fast) fabrikneuem Zustand. Am 21. Juni verlässt die Lok auf einem Tieflader Uzwil Richtung Realp mit einem Zwischenstopp im Verkehrshaus Luzern (22. – 24. Juni). Sie wird 2019 den ordentlichen Betrieb auf der DFB Bergstrecke zwischen Realp und Oberwald aufnehmen.
Einmal auf den Schienen, wird diese stärkste Meterspur-Zahnrad-Dampflokomotive Europas ein weiteres markantes Zeichen auf der Furka-Bergstrecke setzen. Ein Grund mehr die Dampfbahn Furka Bergstrecke zu besuchen, um diese bis ins Detail sorgfältig und originalgetreu aufgebauten Zeugen schweizerischer Dampflokomotiven-Baukunst wieder in voller Aktion zu erleben.
Quelle: Dampfbahn Furka Bergstrecke mit mehr Details.
Die französischsprachige Beschriftung erinnert daran, dass zu jener Zeit (bis 1954) Indochina unter französischer Kolonialherrschaft stand. «Crémaillère Système Abt» sagt uns, dass das Zahnradsystem vom Erfinder Roman Abt stammt.
Frontansicht der stolzen und prächtig hergerichteten Lok. Schön zu sehen die Rauchkammertür (oben) sowie die vier Dampfzylinder (unten) sowie der zentrale Puffer und die beiden Zughaken.
Die Ansicht von oben zeigt schön den Führerstand sowie Sand- und Dampfdom. Ganz vorne der Kamin. Der Besucherandrang anlässlich der offenen Tür war enorm und zeigt das grosse Interesse der Bevölkerung an der historischen Dampfmaschinen- und Eisenbahntechnik.
Dampfdom und Schornstein sowie Armaturen und Systeme für die Zentralschmierung, alles feinsäuberlich montiert und poliert.
Der Führerstand kommt ohne jegliche Elektrik und Elektronik aus; ist aber offensichtlich sehr kompliziert ausgerüstet.
Unten das Tor zur Feuerbüchse. Hier schaufelt der Heizer die Kohle ganz nach Bedarf und möglichst sparsam, denn Kohle ist teuer.
Hochglanzpolierte Messing- und Kupferarmaturen. Die Funktion kenne ich nicht; es muss irgendein Steuerventil sein.
Kompliziertes Schub- und Steuergestänge der beiden Dampfmaschinen. Das untere System treibt die Räder (Adhäsionsantrieb, Hochdruck), das obere System treibt den innenliegenden Zahnradantrieb (Niederdruck). Ingenieurskunst der Vergangenheit vom Allerfeinsten.
Immer wieder schön anzusehen sind die historischen Petroleum-Lampen; liebevoll restauriert und poliert – und natürlich voll funktionsfähig.
Zentralschmierungssystem, automatisch gesteuert über die Bewegungen der Dampfmaschine.
Der Anzeiger für den Wasserstand im Wasserreservoir ausserhalb des Kessels. Er fasst 4’000 Liter und muss unterwegs einige Male aufgefüllt werden. Aber Wasser ist im Gebirge ja genügend vorhanden. Im Dampfkessel selber befinden sich 2850 Liter Wasser unter einem Druck von 14 bar.
Deutlich zu sehen die Antriebs- und Steuerzylinder der beiden Maschinen. Oben die Niederdruckzylinder des Zahnradantriebes, unten die Hochdruckzylinder des Adhäsionsantriebes. Die Kolbendurchmesser betragen 455 mm, der Kolbenhub 430 bzw. 450 mm. Die Gesamtleistung der Lok beträgt 590 kW/800 PS, die Zugkraft 143 kN/14.6 t.
Viele Teile, welche für die Revision der HG 4/4 704 benötigt wurden, hat man doppelt hergestellt resp. restauriert. Diese werden in einer folgenden Phase für die Restaurierung der zweiten HG 4/4, der Nr. 708 benötigt. So zum Beispiel der hier gezeigte Zylinderblock im Rohzustand. Arbeit ist also noch genügend vorhanden für viele Jahre – ob das benötigte Geld auch vorhanden sein wird, ist hingegen eine andere immerwährende Frage.